Corona 2020: Die Spreu trennt sich vom Weizen
Der neue Habona-Report zeigt auf, wer aus der Krise gestärkt hervorgehen wird.
Nun regiert die Angst. Behördlich erzwungene Ladenschließungen führen zu Fragen, die keiner beantworten möchte. Fehlende Umsätze, säumige Mieter, schrumpfende Cashflows? Der soeben zusammen mit Statista und JLL fertiggestellte Habona-Report 2020 gibt zur rechten Zeit Antworten auf schwelende Fragen, die weit über die aktuell akute Krise im Einzelhandel hinausgehen.
Der deutsche Einzelhandel befindet sich nicht erst seit COVID-19, sondern schon seit Jahren im tiefgreifenden Umbruch. Mit wachsenden Ansprüchen an Schnelligkeit, Bequemlichkeit und Authentizität haben sich die Kunden zunehmend vor allem von wenig inspirierenden Nonfood-Läden in Shoppingcentern und Fußgängerzonen abgewendet. Dies hat den Nonfood-Handel in den vergangenen 10 Jahren bereits über 100 Milliarden Euro gekostet. Die Hälfte davon ging ans Internet verloren, die andere Hälfte an den Nahversorgungssektor. Experten sind sich weitgehend einig, dass die Coronakrise den Niedergang angeschlagener Handelsunternehmen beschleunigt, während Profiteure des strukturellen Wandels aus der Krise gestärkt hervorgehen werden. Manuel Jahn, Mitglied des Management Boards von Habona ist sich sicher: „Der Lebensmitteleinzelhandel wird die Erträge aus der aktuellen Sonderkonjunktur weitgehend in die weitere Aufwertung seiner Formate und Filialen stecken. Im Einzelhandel trennt sich endgültig die Spreu vom Weizen.“
Mit dem Habona-Report Veränderungen rechtzeitig erkennen
Der Habona-Report 2020 gibt der Immobilienwirtschaft in der dritten Auflage Fakten, Daten und Analysen an die Hand, um die Auswirkungen der großen gesellschaftlichen Veränderungen insbesondere auf Handelsimmobilien besser einschätzen zu können. Nach den Megatrends Digitalisierung und Demografie, die in den Ausgaben zuvor thematisiert wurden, analysiert der heute veröffentlichte Habona-Report 2020, wie sich Veränderungen der Mobilitätsmuster auf die Wahl von Einkaufsstätten auswirken. In einer exklusiven Verbraucherbefragung wurden bevorzugte Einkaufsstätten und Einkaufszeiten sowie dabei genutzte Verkehrsmittel untersucht: Während in Großstädten das Auto ein Auslaufmodell darstellt, gewinnt es auf dem Land noch an Bedeutung hinzu. Einkaufstätten müssen zunehmend in der Nähe oder auf dem Weg liegen. Wieder sind es die Nahversorgungsbranchen, die es derzeit und wohl auf Dauer am besten schaffen, sich mit ortsangepassten Konzepten zu behaupten.
Auslese von Standorten und Formaten im stationären Handel
Verbraucher wollten schon vor Corona für das Einkaufen immer weniger Zeit aufwenden, sowohl in Form kürzerer Einkaufswege als auch durch weniger Einkaufsvorgänge. Während zurückgelegte Personenkilometer seit 2002 insgesamt um fast 20 Prozent stiegen, gingen sie beim Einkauf um rund 20 Prozent zurück. Dieser Trend wird mittelfristig noch an Dynamik zulegen, da Konsumenten aktuell Online-Angebote ausprobieren, an denen sie auch nach Überwindung der Coronakrise weiter Gefallen finden werden. Dies hat einschneidende Folgen für die Standorte und Formate im Ladeneinzelhandel. „Gewinner werden Einkaufsstätten sein, die sich den Bedürfnissen ihrer Kunden entsprechend der Einbindung in deren Alltag sowie ihren individuellen Mobilitätsmustern anpassen und das entsprechende Sortiment in der richtigen Lage und mit der richtigen Verkehrsanbindung anbieten“, kommentiert Eike Hartmann, Director Projects bei Statista und verantwortlich für die exklusive Verbraucherbefragung, die Ergebnisse der Analysen.
Nahversorgungsbranchen profitieren und trotzen dem Onlinehandel
Die ganz aktuellen Entwicklungen zeigen einmal mehr, wie die Nahversorgungsimmobilie mit der Deckung von Grundbedürfnissen nicht nur weitgehend unabhängig von äußeren Einwirkungen agiert, sondern sogar ein Stück weit von Krisen profitieren kann. Die schnelle Überlastung von E-Food-Services im Zuge der Krise zeigt zudem, dass es im Lebensmittelsektor keine Kapazitäten für ein deutliches Anwachsen des Onlinehandels gibt, der noch immer kaum über 1 Prozent Umsatzanteil hinauskommt. Vor allem mangelt es an Geschäftsmodellen, mit E-Food auch nur ansatzweise Profitabilität zu erzielen. Pure Online-Player wie Gourmondo oder allyouneedfresh haben erst vor kurzem für immer ihre Onlineshops geschlossen. Rewe und Edeka sind mittlerweile auch im Netz Platzhirsche – und versuchen ihre Onlinekunden zum Click & Collect zu bewegen, also zur Bestellung und Abholung vor Ort: Die entsprechenden Umsätze finden in den jeweiligen Filialen statt.
Nahversorgungsimmobilien – Assetklasse im Fokus der Investoren
Diese Parameter haben die Nahversorgungsimmobilie in der Einschätzung von Jones Lang LaSalle schon vor der aktuellen Krise zu einem begehrten Investmentprodukt gemacht. Sandra Ludwig, Head of Retail Investment bei JLL, führt aus: „2019 sind knapp 2,5 Milliarden Euro in Nahversorgungsimmobilien investiert worden. Dies entspricht einem Anstieg von fast 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und der Trend geht weiter.“ Entsprechend entwickeln sich die Renditen: Während sich bei den Shoppingcentern der Strukturwandel mittlerweile auch sehr deutlich in den gehandelten Preisen zeigt, haben sich die Spitzenanfangsrenditen für Nahversorger aufgrund der großen Nachfrage mittlerweile auf bis zu 4,2 Prozent abgesenkt. Es davon auszugehen, dass sich der Lebensmitteleinzelhandel auch in der Krise und sicherlich danach ein Stück weit als „Fels in der Brandung“ unter den Immobilienanlagen darstellen wird.